Der Hauptmann warf sich in seiner Schmide ruhelos umher, es quälten ihn die Sorge um sein geliebtes Dorf, es nagte der Selbsthass an ihm und vor allen Dingen vermisste er die Frau, die ihn am meisten hasste...

Er betrachtete die Waffen an seiner Wand, die ihm jahrelang treue Dienste geleistet hatten und auch seinen Rundschild, er fuhr andächtig mit den schwieligen Fingern über sein Kettenhemd und nur einem sehr aufmerksamen Beobachter wären aufgefallen, dass um den hinteren Kragen herum einige Ringe neu eingefasst wurden, als wäre vor längerer Zeit das Kettenhemd dort arg in Mitleidenschaft gezogen worden...

Er spürte auf eine beunruhigende Art, dass sich Jemand näherte und sein Herz machte einen Sprung - Margery, nur sie konnte es sein.
Sie war erschienen, mit ihr würde er reden.
Ihr musste er sich anvertrauen und das schnell, denn nur mit ihrer Hilfe konnte vielleicht eine Lösung gefunden werden.

Er lächelte, tief in seinem Herzen malte er sich die Nacht aus, die alle Zweifel beseitigen würde und als er es an seiner Tür rumoren hörte, da hielt er es vor jauchzenden Freudentaumels nicht mehr aus und er erleichtert hauchte er: "Es ist offen und ich freue mich..."

Ein Knall ertönte, ein Lichtblitz jagte aus der Dunkelheit des Türrahmens auf ihn zu, etwas stieß ihn zu Boden und grausame Klauen jagten nach seiner Brust. Keuchend, entsetzt, die Augen panisch aufgerissen, blickte er nach unten, auf seine Brust... dort prangte ein großes Loch, Schrot hatte ihn getroffen, sein Herz zerfetzt und er spürte, wie es kalt wurde.

Sein Mörder... - Nein, ein Mörder war es nicht - lächelte nicht, er freute sich nicht, er schien nur los zu laufen, verschwand aus seinem Sichtfeld und ließ ihn sterbend zurück.

Verzweifelt krallte er seine Klauen in den Boden seiner Schmiede, der Schmerz überstieg allen Wahnsinn, dem er je ausgesetzt war, Kälte breitete sich in seinen Gliedern aus, die Lider flatterten und Geräusche, ferne Geräusche drangen an sein Ohr, seine Sinne gaukelten ihm die schönsten Stationen seines Lebens vor... schemenhaft die erste gewonnene Schlacht, geisterhaft die endlosen Diskussionen mit dem Gelehrten, wie er beim Gottesdienst von Nerys einzuschlafen pflegte und dann schob sich das nackte Grauen in einer letzten Vision vor seine Sinne...
Er sah sich selbst, wie er in die Falle getappt war, die Zappy ihm gestellt hatte. Er spürte den nervenzerfetzenden Schmerz seiner messerscharfen Zähne und sein höhnisches Gelächter und plötzlich wusste er was zu tun war.

Er spuckte unter größter Anstrengung das Blut in seinem Mund aus, seine Finger zitterten, er musste sein geliebtes Dorf von seiner Schande, seinem Makel befreien, er musste dafür sorgen, dass nicht noch mehr sterben würden.
Und der Schatten der Verwandlung überkam ihn...
Haare sprossen, Muskeln wandelten sich wie Schlangen unter seiner Haut, ein letzter verzweifelter Schrei entrang seiner Kehle, dem fortan nur noch Hecheln und Knurren folgen sollte.
Noch bevor er die Namen der anderen Gebissenen in den Boden ritzen konnte, übernahm der Werwolf ihn ihm das Denken, seine menschliche Seite starb, der Wolf, das Tier, die verfluchte erbarmungslose Bestie ihn ihm übernahm und schenkte ihm neue Kraft - die Kraft, die ihn vorantrieb, seinen Mörder zu jagen.

Knurrend und blutend, wütend jaulend und voll Mordlust hechelnd, gruben sich seine Pfoten in die weiche Erde, seine Fährte war noch frisch, sein Blut würde seine Kehle schon bald benetzen, er hechelte vor Freude, die pure Blutlust peitschte ihn vorwärts und rasch schon konnte er den Schemen ausmachen, ein Flüchtender, ein Unwürdiger - seine Beute!

Der Mensch blickte ihn an, ein Hauch Panik in den Augen, die noch nach Schwarzpulver stinkende Flinte auf dem Rücken und sein erster Prankenhieb ließ den Jäger nach hinten taumeln, ihn ungläubig auf die Wunden starren und sich ihn ebenfalls verwandeln: Vom flüchtenden Jäger in den Söldner, den Krieger, der er ebenfalls war.

Die Nacht hüllte Beide ein, sie standen sich gegenüber, verletzt, schwer atmend, den Blick aufeinander gerichtet.
Kalte entschlossene Kriegeraugen, die in ihr wölfisches, wütendes Pendant blickten und als der Wolf guttural knurrte , zog der Mensch sein Schwert aus der Rückenscheide.

Wahnsinnig vor Hass und Schmerz jagte der Wolf auf ihn zu, der Mensch sprang zur Seite, Klauen wie Klingen blitzten im Mondlicht, sangen ihr eigenes Lied und tanzten zu den Schemen der Beiden, die mehr und mehr Blut verloren.
Fast schien es, als würde der Wolf die Oberhand behalten, als er nach einem Klauenhieb, der die Schulter des Menschen zerfetzte, Denselbigen fast an einen Baum nagelte, ihn gegen den Stumpf eines spitzen Astes schleuderte.

Die Augen des Wolfes trübten sich sachte, der Hass begann der Schwäche Platz zu machen, ein letztes Mal warf er sich auf den Menschen, er würde es beenden, seine Kehle reißen, sein Blut gurgelnd trinken und wieder zu Kräften kommen.
Morgen schon würde die Nacht der Wölfe sein... doch ein eisigkalter Blitz schob sich in seine Eingeweide, durchtrennte Sehnen, Muskeln und Fleisch.
Noch ehe der Wolf begriffen hatte, wie ihm geschah, konnte er aus dem Blick des Jägers sein letztes Kapitel lesen.
Der Mensch blutete und starb, der Wolf indessen sank auf die Knie, das Schwert landete blutig am Boden und während ihn die Hitze des Fegefeuers des Sünders umfing, lächelte Daen, der Schmied und Hauptmann, ein letztes Mal in sich hinein, als ihm der Gedanke durch den Kopf schoss, dass man Eissceda finden würde, wie einen echten Jäger: Stolz am Baume lehnend, die Waffen an der Seite und die Beute zusammengerollt und leblos vor ihm, zu seinen Füßen...